DER ERSTE ZWEIG DES MABINOGI

PWYLL HÄUPTLING VON ANNWVYN

Der bedeutendste keltische Mythos nacherzählt von ALEXANDER A. GRONAU


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Buch-Hintergrundinformation zum keltischen Mythos "Der Erste Zweig des Mabinogi"

Der erste Zweig des Mabinogi stellt die bedeutendste Überlieferung des Keltentums dar, das einen vergessenen, aber überaus wichtigen Teil unser europäischen Identität ausmacht. Nachdem ich etliche Sekundärliteratur über die im Mabinogi vorhandenen keltisch-mytholigischen Themen studiert hatte, machte ich mich daran, den gesamten "Ersten Zweig des Mabinogi" im Sinne einer Rekonstruktion in den ursprünglichen keltischen Geist zurückzuübersetzen. Die tatsächliche Überlieferung ist nur ein Dutzend Seiten lang, und die Mönche, die diese niederschrieben, haben die Spuren der keltischen Religion darin verwischt, zudem fehlen manche Szenen ganz und etliche Motiv wurden von den klerikalen Schreibern verfälscht um christliche Dogmen zu transportieren, die die tatsächlichen Bedeutungsebenen der keltischen Religion und Welterfahrung verdecken, beziehungsweise verqueren. Zudem ist dieser Fassung anzumerken, daß sie nur als ein Gerüst anzusehen ist, das einst als Grundlage für ein freies, ausgeschmücktes Erzählen diente, wie im heidnischen Bardentum üblich. So nahm ich auch diese Herausforderung meiner Imaginationskraft an, denn seit meiner frühen Jugend übt die Keltenzeit eine hohe Faszination auf mich aus.


Als erstes machte ich mich daran Begriffe wie Schloß, Fürst, König Arawn, Königin des Landes der Unterwelt und Weise mit Hügelfeste, Häuptling, Waldgott Arawn, Erdgöttin und Druiden zu übersetzen. Dadurch schien mir bereits die ursprüngliche Kraft des eigentlichen Charakters des Mabinogi deutlich entgegen. Die Lücken der fragmentarischen Überlieferung begann ich dichterisch zu schließen und malte Überliefertes weiter aus und setzte dabei alles in die keltsiche Zeit zurück. Von den Motiven des kaum mehr als zehnseitigen Originals wich ich dabei nicht ab. Mit einer Ausnahme: In der höfischen Fassung liegt Pwyll ein Jahr lang neben der Unterwelts-Königin von Annwvyn gebettet, die niemand anderes als die Erdgöttin ist, und berührt jene nicht, was als Vorbild ritterlicher Treue fungieren soll. Es handelt sich dabei um eine leicht erkennbare keusch-christliche Sinnumkehrung der keltischen Welt-Anschauung, in der ein Häuptling oder König von der Erdgöttin eingeweiht werden muß. Erst durch ihre Liebe wird er fähig die Menschen des Landes, das als der heilige Leib der Erdgöttin gilt, zu führen. Die von mir mannigfaltig ausgeführte Einweihung Pwylls in andersweltlich-göttliche Geheimnisse durch die Erdgöttin, die bei mir mit Rosmerta wieder ihren Namen erhält, eröffnet eine tiefe, zu lange verschütt gebliebene Ebene des Mabinogion.

Das Grundthema im Ersten Zweig des Mabinogi behandelt die rechte Verbindung des Menschen zur Anderswelt Annwvyn als die Ebene der Götter, die in den Dingen der Welt selbst liegt, somit also in deren Inneren. Dies bezieht neben den elbischen Göttern menschenähnlicher Gestalt die Götter der Tiere und Pflanzen, ja aller Naturerscheinungen mit ein. Die Handlung zeigt auf, welchen Einbruch die Welt erfährt, wenn sich in einer Generation keine Menschen mehr finden, die den Freundschaftsbund mit den Göttern erneuern und lebendighalten. Die Menschheit verliert das Verständnis für die Kräfte des Lebens und verfügt nicht mehr über die Weisheit sinnhaft mit diesen umzugehen. So erzählt das Mabinogi von diesem ersten Abfall. Romanisierte Fürsten bringen diesen ins Keltenland. Es ist eine Gewalt-Macht, die eine harmonische Lebensweise zu beseitigen droht. In diesem Sinne habe ich den Ersten Zweig des Mabinogi im keltischen Geist nacherzählt und damit mir selbst und den Lesern neu erschlossen.
Die sich
in ihrem
Wachstum mehrmals häutende Schlange ist im Keltischen ein Symbol für das Leben.

Das uns überlieferte Mabinogi wurde im 14. Jahrhundert im Roten und Weißen Buch im höfischen Stil aufgeschrieben und im Zuge der Romantik mit seinem aufflammenden Interesse an allem Mythischen von Lady Charlotte Guest im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Alles Geschehen spielt sich in Wales ab, das noch Cymmberland heißt und ein überaus mystisches Land ist.

In der Überlieferung des Mabinogi begegnen wir dem Waldgott Arawn, dessen göttliches Wesen von den klerikalen Schreibern mit der Bezeichnung König der Unterwelt verschleiert wird. Er ist bis heute unter dem Namen Cernunnos und Herne bekannt; letzterer steht in einer Verbindung zur Robin Hood Legende. Er ist möglicherweise die älteste männliche Gottheit der Menshheitsgeschichte, da man ihn bereits in der Steinzeit als den Gott der ersten Schamanen vermutet. Auch sehen wir die elbische, unvergleichliche Rhiannon auf ihrem weißen Schimmel über die Hügel reiten und begreifen in ihr das Urbild der freien Frau, ja der freien Göttin des Lebens. In meiner re-keltisierten Fassung des Mabinogi lernen wir eine in vielen Aspekten unpatriarchale Gesellschaftsform kennen, die Werte und Anschauungen lebte, die für den heutigen Menschen bedeutsam wären. Bei den Kelten gibt es noch keinen Bruch zwischen Natur und Kultur; die Lebenskräfte werden begriffen und kultisch verehrt.

Von herausragender Bedeutung bei den Kelten ist, daß sie die elbisch-göttliche Ebene nicht im Außerhalb von allem Sein suchten - wie die monotheistischen Religionen ihren Gott - , sondern über die Weisheit verfügten, diese geradezu seelische Sphäre im Innersten der Dinge verborgen zu schauen. In der Mitte liegt der Zugang zur heiligen Dimension, der Anderswelt. So heißt es im Mabinogi in der Mitte des Landes Dyved steht der Rote Wald Glynn Cuch und in dessen Mitte ist ein mächtiger Baum unter dessen Geäst wiederum der junge Häuptling Pwyll auf Arawn, den Waldgott trifft, dorthin geführt von einem zuvor im Traum geschauten und nur deshalb gejagten weißen Hirschen, dem bedeutungsvollen Seelentier der Anderswelt.

Lilia Alva als Rhiannon
Niemals wäre ein Kelte auf die Idee gekommen, im Inneren der Erde einen Schreckensort wie die Hölle zu vermuten. Schließlich konnte jeder beobachten wie geheimnisvoll das Leben aus ihr hervorsprießt. Die Erde birgt also Lebenskraft, die an sich heilig ist, und wurde so zum Hort der elbischen Götter, die man im entrückten Zustand in manchem Hügel antreffen konnte. So waren bei den Kelten alle Fähigkeiten der ekstatischen Inspirations-Kraft des menschlichen Geistes hochverehrt. Ein Barde stand für die Menschen stets mit einem Bein in der ihn mit schöpferischer Potenz speisenden Anderswelt, da er Dinge sehen konnte, die anderen unsichtbar blieben. Nicht von ungefähr konnte ein Barde sogar einen Hochkönig zum Rücktritt nötigen, wenn er in dessen Halle kam und seine Unwürdigkeit besprach. Gleiches galt für Druiden und Priesterinnen. Die Fürsten, die man besser Häuptlinge nennt, und sogar ein Hochkönig, war für das Gedeihen des Landes verantwortlich. Wenn die Menschen hungerlitten, zog man dessen gute Verbindung zur Anderswelt in Zweifel; er hatte sich um das Wohlergehen aller zu kümmern, er trug Verantwortung. Ganz anders im christlichen Mittelalter mit seinem Feudal-Wesen. Hier wird der König zum Alleinherrscher-Tyrann.

Der Gott des Waldes Arawn wirkt in der licht im
Inneren der Natur gelegenen Götterwelt Annwvyn. Er
spielt eine zentrale Rolle im Mabinogi. Seine Liebe zur
Göttin der Tiere und der Erde läßt jedes Frühjahr das
Leben auferstehen. Sein Ansinnen ist es, daß Bündnis
mit den Menschen in jeder Generation zu erneuern.

Die Gesellschaftsform der Kelten, in der eine Frau Heerführerin sein und gleich den Männern den Weisheitskraft und Macht symbolisierenden Torques tragen kann, ein den Menschen mit den Tieren verbindender Totemismus vorherrscht, das Grün der Vegetation als männliche Kraft angesehen wird, die vom Waldgott Arawn als den Geliebten der Erdgöttin herrührt, und alles Wasser von der Göttin kommt, es für die Mächtigen unbrechbare Geise (Verbote) gibt, die diese in mancherlei Hinsicht schwächer machte als den einfachsten Landmann, und alles im rituellen Verbund zu den weltbelebenden Kräften der Natur steht, als deren Verbündeter der Mensch sich erfaßt, habe ich facettenreich in meine Fassung des Ersten Zweiges des Mabinogi einfließen lassen und damit etliche keltische Weltvorstellungen mit eingewoben, sodaß dieses Mabinogi tatsächlich wieder in die keltische Welt einweiht und dem Leser in den erneurten Verbund führt, von dem der Erste Zweig so eindringlich erzählt: Nämlich den Freundschaftsbund zwischen Menschen und Göttern, der in die Geheimnisse des Lebens einweiht. Dies macht den Menschen zum Betreuer der Dinge, statt zum Zerstörer, was der heutige Mensch traurigerweise ist.

Die fragmentarische, von den klerikalen Schreibern des Mittelalters manipulierte Überlieferung des Mabinogi gewinnt durch die von mir gezielt vorgenommene Freilegung des keltischen Charakters und all ihrer Mythologie viel fruchtbares Fleisch und steht damit wieder in voller Blüte äußerst lebendig, geradezu schillernd vor uns. Sie hat sich erneuert wie ein Baum mit seinem weitverzweigten Geäst nach dem Winterschnee. Dies alles zu erreichen war meine Intention. ALEXANDER A. GRONAU



Das Symbol des endlos in sich verwobenen
Knotens ist typisch keltisch und drückt die
Welterfahrungen aus, daß alles miteinander
verflochten ist und sich im undendlichen
Wiedergeburtszyklus befindet, wie alles Leben
der Erde, das in jedem Frühling wiederkehrt.

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Das Bild linker Hand stammt von der Photo-
Künstlerin Lilia Alva und zeigt Alexander A.
Gronau, den Romancier und Verfasser der Nach-
erzählung "Der Ersten Zweig des Mabinogi", als die Hauptfigur Pwyll des nämlichen keltischen Epos'.

Lilia Alva erklärt dazu: "Damit will ich zum Ausdruck bringen, wie archetypisch der Dichter eines Werkes mit den darin handelnden Helden verschmelzen kann. Es ist überaus faszinierend wie tiefgreifend dies dem Schriftsteller Alexander A. Gronau gelingt. Es ist geradezu ein mythischer Akt. Unsere Gesellschaft mit ihrem überkommerziellen Literaturbetrieb weiß nichts mehr vom tiefmagischen Element eines Poeten. Und Gronau ist ein solch besonderer Poet, der uns ungeahnte Ebenen eröffnet."




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DER ERSTE ZWEIG DES MABINOGI
Pwyll Häuptling von Annwvyn

Nacherzählt von ALEXANDER A. GRONAU

Keltischer Mythos, mit zahlreichen farbigen Ornamenten der Buchkunst des 12. Jahrhunderts, einer Karte aus Pergamentpapier und einem Laub-Blatt des mythischen Roten Waldes, erweiterte 2. Auflage, 176 Seiten.

Buch im Großformat, mit rotgoldenem Kopfschnitt manufakturgefertigt und vom Autor signiert; 23,95 Eur.

Alle Rechte vorbehalten

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